Helga Schneiderhöhn
Vom Viadukt zum Viadukt
Endlich halte ich mein eigenes Buch in den Händen, das ich ohne Sie nicht geschafft hätte. Zwar habe ich Vorarbeit geleistet, indem ich meine Erlebnisse schon niedergeschrieben hatte, aber es fehlte das gewisse Etwas. Zu diesem Zeitpunkt fand ich einen Zeitungsartikel über Sie und Ihre Biografiewerkstatt in der AZ, der mich sehr angesprochen hat. Nach ein paar Tagen saß ich Ihnen gegenüber. Ich mit meinem USB-Stick und Sie mit viel Feingefühl und Interesse. Ich habe schnell bemerkt, dass ich bei Ihnen in guten Händen bin, wir haben uns gesucht und gefunden. Durch Ihr geschicktes Fragen habe ich Erlebnisse erzählt, die ich bisher noch niemanden erzählt habe, hatte aber nie das Gefühl ausgehorcht zu werden. Toll! So etwas habe ich noch nicht erlebt. Und es hat mir gutgetan, einfach zu erzählen, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Ich bin sehr stolz auf "unser" Erstlingswerk und bedanke mich noch einmal sehr für Ihre Hilfe, ebenso über Ihr Vertrauen und Einfühlungsvermögen. Gerne werde ich Sie weiterempfehlen, sollte jemand eine gute Biografiewerkstatt in Anspruch nehmen wollen.
Eberhard Hogan
Totgesagte leben länger
Sie haben aus dem Stückwerk meiner Erlebnisse, die eines nach dem anderen sporadisch nach meinem Einfallsreichtum von mir erzählt wurden, ein interessantes, geordnetes, lesenswertes Buch geschaffen, das beim Neugier erregendem Lesen der abwechslungsreichen Geschehnisse selbst für mich mein Leben je nach Stimmungslage immer wieder passieren lässt. Liebe Frau Otto, ich durchlebe meine Vergangenheit noch einmal mit der Genugtuung, alles in jeder Zeit entsprechend richtig gemacht zu haben. Es hat Spaß und Freude gemacht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Mit Ihrer einfühlsamen Art haben Sie immer eine Vertrauensbasis erzeugt, die wirklich nicht hätte besser sein können.
Karl Neu
Schwierige Familienverhältnisse
Das Erzählen meiner Lebensgeschichte war für mich eine große Genugtuung. Ich hatte schon immer gesagt, wenn ich einmal in Rente bin, will ich meine Erinnerungen in einem Buch zusammenfassen. Dies haben wir nun gemeinsam getan. Es ist für mich eine große Freude, dass ich jetzt das Buch habe. Die Zusammenarbeit mit Ihnen war wunderschön. Wir haben gemeinsam mit dem Zusammenstellen des Buches viele schöne Stunden verbracht. Nochmals vielen Dank.
Inge Kaufmann
Es regnet auch im Paradies
Liebe Frau Otto, mein Buch konnte nur durch Sie ein so schöner Erfolg werden. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass ich bestimmt Ihre "schwierigste" Kundin vom Anfang bis zum Ende war! Trotz allem sind Sie nicht an mir verzweifelt, im Gegenteil, Sie haben mir immer wieder Hoffnung gemacht, dass wir zu einem guten Ende kommen. Ihr Takt und Feingefühl im Gespräch sowie im Lektorat waren unschlagbar. Ich erkenne mich in meinem Buch wieder und jeder von der Familie, der es bisher lesen durfte, ist genau so begeistert wie ich es am Ende war. Vielen Dank dafür! Ich würde mal behaupten, dass durch die Zusammenarbeit fast so etwas wie eine Freundschaft entstanden ist. Und erschrecken Sie nicht, ich habe noch Stoff für einen zweiten Teil, natürlich nur mit Ihnen.
Karin Sommersberg
Wahre Geschichten
In den letzten Jahren habe ich mich des Öfteren in Gedanken mit meiner Vergangenheit beschäftigt und mehrmals den Versuch einer Niederschrift unternommen. Durch meine veränderte Lebenssituation hatte ich in den letzten Jahren viel Zeit zum Nachdenken. Um das Wissen der Endlichkeit wuchs im letzten Jahr ganz stark der Wunsch in mir, meinen Kindern und Enkeln detailliertes Wissen über ihre Vorfahren zu hinterlassen. Durch Ihre Ermutigung und umsichtige Hilfe konnte ich mich vertrauensvoll an die Aufgabe wagen - im Bewusstsein, dass Sie, liebe Frau Otto, meine Erzählungen ordnen und in die rechte Form bringen würden. Es ist Ihnen gelungen und ich danke Ihnen ganz herzlich für unsere gemeinsamen Stunden.
Barbara Große, Aus der DDR-Diktatur in die Mainzer Freiheit, ISBN 978-3741208929, 15 €
Es hatte sich herumgesprochen, dass die Stasi frühmorgens an der Wohnungstüre klingelte, den Ausreiseantragstellern die notwendigen Papiere und Bahnfahrkarten aushändigte und einen aufforderte, das Land bis spätestens 11 Uhr zu verlassen. Wir glaubten ganz fest daran, dass dies alles am nächsten Tag so geschehen würde, trotz aller Aufregung waren wir in Hochstimmung. Wir haben uns immer an solche Infos geklammert. Sonst wären wir zugrunde gegangen.
Am nächsten Morgen, es war der 19. Januar 1983, kurz nach sechs Uhr, herrschte bei uns wie immer rege Betriebsamkeit, vor allem in der Küche. Wir redeten wenig, gingen unseren Gedanken nach, auf unseren Gesichtern lagen Hoffnung und Vorfreude. Gegen sieben Uhr klopfte es an der Wohnungstür. Ich dachte, das ist die Stasi, unsere Hoffnung erfüllt sich, wir lagen also mit unseren Spekulationen richtig. Ich öffnete – noch in Nachtwäsche und Morgenmantel – die Tür, soweit es die Kette zuließ, die wir angebracht hatten, weil wir kein Schnappschloss, sondern nur einfache Klinken hatten. Sofort schob einer wie im Film seinen Fuß dazwischen und eine Hand mit dem Ausweis „Staatssicherheit“. Ungehalten brüllte er: „Öffnen Sie sofort die Tür.“ Ich erklärte ihm, dass ich die Kette nur aushängen könne, wenn er seinen Fuß herausziehe. Danach betraten sechs Männer und eine Frau die Wohnung. Wie bei der SS trug jeder einen Ledermantel oder eine Lederjacke. Meine Mutti hatte vor einiger Zeit aus Holland Trinkgläser mit Motiven der Sesamstraße mitgebracht. Die bunte Verpackung mit der „Sesamstraat“ und den Sesamfiguren hatte ich in den Flur gehängt und darunter standen nun aufgereiht die Stasi-Nazis. Ein Anblick zum Piepen. Doch das war nur ein Sekundenspaß.
Noch immer glaubte ich daran, dass wir ausreisen könnten, und sagte: „Ist ja schön, dass Sie kommen, aber es ist vom Zeitpunkt her ein bissel ungünstig. Wir sind noch gar nicht angezogen und auch noch nicht reisefertig.“ Der Wortführer geiferte mich an: „Ziehen Sie sich an, Sie sind verhaftet!!!“ „Ich? So ein Quatsch, warum denn das, ich habe nichts Unrechtes getan. Ich möchte sofort jetzt wissen, weswegen.“ „Den Sachverhalt erfahren Sie auf unserer Dienststelle. Ziehen Sie sich an!“ Er wurde richtig böse.
Noch hielt ich das alles für einen Irrtum und eine Einschüchterungsmaßnahme ...
Detlef Postler, Schwarzweiß
ISBN 978-3744831246, 14,50 €
Ich sprach dann auch unkontrolliert. Je stärker die Aura wurde, je näher der Anfall kam, desto lauter sagte ich: „Jetzt wird mir schlecht.“ Und während des Anfalls sagte ich immer: „Mir ist schlecht, ich muss mich jetzt hinlegen, ich muss schlafen. Macht bitte dunkel, macht das Rollo runter, macht dieVorhänge zu.“ Immer dasselbe Spiel. Was mich natürlich auch bei den Leuten lächerlich machte, weil sie nicht wussten, warum ich mich plötzlich so seltsam verhielt.
Meine Mitschüler spielten diese Anfälle sogar in meiner Anwesenheit nach. Sie mobbten mich immer mehr und gingen mir bald alle aus dem Weg. Kinder können grausam sein. Sobald ich in der Schule den Klassenraum betrat, sagten sie: „Oh Gott, du stinkst, geh weg!“ Mein Banknachbar drückte mich immer samt meinem Stuhl von sich weg. Oder sie zogen mir, wenn ich mich setzen wollte, den Stuhl beiseite. Im Schulhof stand ich in irgendeiner Ecke ganz allein. Hin und wieder hockte ich auch in den großen Papierkörben, Schuhe aus, Socken aus und in den Mund gesteckt. Im Sport, zum Beispiel beim Wasserball, schwammen vier, fünf Mitschüler auf mich zu und tauchten mich unter. Dann war ich halt weg. Es wollte auch nie jemand mit mir in der gleichen Mannschaft sein. Schon beim Duschen wurde ich wortwörtlich ausgegrenzt: Ich durfte nicht zusammen mit den anderen unter die Dusche, sondern musste die einzige abgetrennte Kabine, die es gab, benutzen. Mehrmals schütteten meine Mitschüler mir dann Bademützen voll eiskaltem Wasser über die Trennwand auf den Kopf. Der Lehrer war nie dabei, aber ich hätte mich auch nicht getraut etwas zu sagen – aus Furcht davor, dass sie mir dann noch heftiger zusetzen könnten.
Keiner wusste, was mit mir los war, niemand konnte diese Aussetzer einordnen. Ich wusste ja selbst nicht, was plötzlich mit mir passierte. Es kam aus dem Nichts – und dann war es wieder weg ...
Gustav Nolda, Bald ein Jahrhundert
In den 50er Jahren, kam das Fernsehen auf. Unser Nachbar hatte einen kleinen Fernsehapparat im Fenster stehen – der erste in ganz Bretzenheim! Die Leute standen draußen davor und guckten durch die Scheibe ins Zimmer. Schließlich wurde es ihm verboten, das Gerät im Fenster stehen zu lassen, weil sich die Menschen aus Neugier dort versammelten. Er sagte zu meinem Vater: „Herr Nolda, kann ich nicht bei euch meinen Fernseher aufstellen?“ Das war vielleicht eine Attraktion! Und sehr gut für unser Geschäft. Das Café in der Wilhelmsstraße war immer rappelvoll. Deshalb schlug ich meinem Vater vor: „Das Beste wäre es, wenn wir uns einen Apparat anschaffen. Entweder gleich oder gar nicht.“
Also fuhren wir in die Stadt und kauften einen handgefertigten, die damaligen Geräte kamen noch nicht vom Fließband. Nun hatten wir in Bretzenheim den ersten großen Fernseher. Unter dem Bildschirm, der von einem Gehäuse umgeben war, befand sich der Lautsprecher. Unser Geschäft erfuhr einen enormen Auftrieb. Leute kamen, die vorher noch nie in unserem Laden gewesen waren. Die meisten von ihnen blieben uns auch später als Kunden treu.
Bei Sportveranstaltungen wie der Fußballweltmeisterschaft 1954 befestigten wir wegen des enormen Andrangs sogar Nummern an den Stühlen und verkauften nur so viele Platz- und Verzehrkarten, wie wir Plätze hatten. Die Gäste konnten auswählen, was sie wollten, nur Getränke oder auch Essen. Meistens saßen auch viele Studenten bei uns. Ich sehe noch vier von ihnen vor mir, die ankündigten: „Wir kommen morgen früh, macht etwas zum Mittag.“ Also kochten wir Nudeln und Gulasch, glaube ich. Sie blieben dann von morgens bis abends bei uns und sahen fern.
Egal, was im Fernsehen lief, die Leute haben alles gern gesehen. Den Blauen Bock gab es schon, „Dalli Dalli“ auch bald und die Sendungen mit Hans-Joachim Kulenkampff und Peter Frankenfeld. Wir hatten ja eine Vollkonzession, die Gäste konnten auch Bier oder Wein trinken, nicht nur Kaffee. Abends boten wir Würstchen oder Rippchen an.
Jahrzehntelang hatten wir das Geschäft auch abends auf. Als aber nach und nach immer weniger Gäste kamen, da sie nun zuhause fernsahen, entschied ich: „Jetzt können wir abends schließen.“
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